Quelle: Bernhard Schweitzer, Braunschweig
In den Blättern zur näheren Kunde Westfalens Jahrgang 1879 steht ein Artikel über den Hof Allehof in Freientrop. Darin wird angegeben: Johann Allehof lies sich als Brinksitzer am Kreuzungspunkt der alten Strassen von Frankfurt nach Iserlohn und von Kassel nach Köln nieder und trieb Fuhrmannswirtschaft.
Dieser Artikel veranlasste mich, Näheres über den Kreuzungspunkt und über die Strassen in Küntrop und Umgebung zu schreiben und zu erforschen. Dieser Herr Allehof wird der Vater des in der Urkunde von 1650 genannten gewesen sein, der auf dem zum Kühlings Hof gehörenden Kotten Allehof oder Althof gesessen hat (Kühling waren meine Vorfahren mütterlicherseits). Er und seine Vorfahren hatten den Hof, der in Küntrop am Kreuzungspunkt der Landstrassen unterhalb der Kapelle lag, als Pächter von der Kirche in Besitz. Schon vor dem Jahre 1600 heißt es in der Gevener Markenrolle: “Item das Freyguth, so Hans vorm Kerkhofe underheft: ein Echtworth“.
Man kann also davon ausgehen. dass die Strassen, Landstrassen, Hohlwege oder Feldwege schon am Ausgange des Mittelalters bestanden haben.
Es ist bekannt, dass im Mittelalter die „Verkehrswege“ nur über Bergkuppen führten und wie berichtet wird, die Täler noch in den Jahren von 1750 bis 1800 im Winter und in Regenzeiten gemieden wurden. So ist es auch zu erklären, dass der Weg von Werdohl über die Landwehr, Büsser und die weite Ebene bis zum Bornstück oder bis zum Hohlweg nach Schulten- oder Severingshof zum Knotenpunkt in Freientrop zur Kapelle führte. Ähnlich ist die Trasse von Langenholthausen über Benkamp und Kuhscheidt in den Hohlweg im Ahlenberg und in die „Hohlweiden“ nach Freientrop oder Küntrop. Ein wichtiger weiterer Weg war der sog. Eiserweg von Küntrop nach dem Schöntal durch die Winterlit oder die Schamet durch den Hohlweg über Leveringhausen nach Iserlohn. Dort wurden Holzkohle, Eisenerz und viele andere Waren verarbeitet und hergestellt. Ein weiterer Weg führte von Küntrop durch die „Hauhle“ nach Neuenrade, Werdohl und Altena.
Affeln war bekannt durch ein Kreuzungspunkt eines Wegenetzes, das in viele Himmelsrichtungen ging. Auch die damalige Königstrasse führte über diesen Ort. Ebenfalls hochgelegene Wege und Orte waren Wulringhausen von Langenholthausen nach Sundern, Hövel von Volkringhausen nach Hachen und Asbeck von Klusenstein und Eisborn nach Neheim-Hüsten. Die angelegten Wege verliefen fast nur über Höhenzüge, um die kürzesten Fuß- und Fahrwege auszunutzen. Täler wurden gemieden. Viele Reiseberichte aus der damaligen Zeit berichten, dass die Wege in den Tälern unpassierbar waren besonders im Winter und in Regenzeiten. Besonders betroffen war die Hönnetalstrasse von Menden über Balve, Küntrop und Neuenrade nach Werdohl. Deshalb waren Brücken über die Hönne (Hohne) wichtige Übergänge z.B. von Küntrop nach Garbeck, in Balve, von Sanssouci nach Beckum, die sehr alte Brücke in Volkringhausen, in Lendringsen und in Menden.
Weitere bedeutende entfernter liegende Strecken waren der Hellweg von West nach Ost von Holland kommend und über Hagen, Siegen, Frankfurt von Nord nach Süd. Eine weitere Verbindung gab es von Düsseldorf über Essen, Dortmund, Werl nach Paderborn und und eine von Elberfeld, Iserlohn, Hemer, Hachen, Arnsberg nach Paderborn, eine von Köln und Bonn, Plettenberg, Affeln, Balve, Iserlohn, Menden, Werl nach Arnsberg. Eine ebenso bekannte Strasse führte von Köln über Wipperfürth, Lüdenscheid, Werdohl, Küntrop, Kuscheid, (Kuschert), Balve, Hachen, Meschede, Arnsberg nach Paderborn.
Um die Strassen in Ordnung zu halten wurde an Schranken, Schlagbäumen Wegegeld erhoben, so in Holzen, Sanssouci, auf der Kuschert, auf der Wilhemshöhe, bei Buchholz zwischen Neuenrade und Altena. Friedrich Wilhelm II (1786-1797) ordnete an, dass sog. Kunststrassen (gewölbtes Profil) gebaut werden sollten, besonders im „Suderlandischen Theile“- es kann nur das Sauerland gemeint sein- und zwar wegen der Felsen zu einer Breite von wenigstens 12 bis 16 Fuß. Eine Blütezeit des Straßenbaues erlebte diese Gegend unter preußischer und später unter Hessen-Darmstädtischer Verwaltung. Im Jahre 1890 wurden die Straßenneubauten und Straßenausbesserungen durch schwere Unwetter unterbrochen. Der „Westfälischer Anzeiger“ berichtet von gewaltigen Niederschlägen im ganzen Reich. Die Ernte war durch Regen weitgehend zerstört, die Erde bereits von Regenwasser gesättigt, als in den Wintermonaten des Jahres 1890 ein weiterer Regensturz die „Katherinenflut“ über das Hönnetal hinwegging. Durch gewaltige Wassermassen wurde die Hönnetalstrasse unterbrochen und unpassierbar gemacht. Meine Großmutter erzählte immer von diesem Ereignis.
In der Lenneschleife schmiegt sich der alte Siedlungskern Werdohls, und die Lenne war für den 1102 erstmals genannten Ort immer von großer Bedeutung. Hier führte die bedeutende Heer- oder Königsstrasse über den Fluss, nachdem sie einen Abzweig der noch wichtigeren Heidenstrasse (Köln-Kassel) etwa dort gekreuzt hatte, wo sich heute die Bundesstrasse 229 und 236 treffen. 1556 ließ der Landesherr zu Werdohl eine Steinbrücke errichten, für deren Finanzierung auch die Städte Breckerfeld (14 Taler“ zu Steuer der Werdohlischen bruggen“ Neuenrade und Lüdenscheid beitrugen, sicher ein Hinweis auf ihre überregionale Bedeutung.